Cannabis am Arbeitsplatz und die Folgen
Cannabis am Arbeitsplatz und die Folgen
- Einführung
Der Cannabiskonsum hat seit dem 1. April 2024 eine teilweise Legalisierung erfahren. Das mag man beklagen oder gut finden – in jedem Fall stellt das Arbeitgeber vor ganz neue Herausforderungen.
2. Ausgangslage
In den wahrscheinlich meisten Fällen dürfte der Cannabiskonsum am Arbeitsplatz unerwünscht sein. Möglicherweise sind durch diese Entwicklung die bereits im Betrieb bestehenden Regelungen zur Nutzung von Dienstwagen, Arbeitsgeräten jeglicher Art und Arbeitsmitteln zu überprüfen und ggf. anzupassen.
3. Cannabis als Rausch- und Suchtmittel
Der Konsum von Cannabis kann u. a. Folgendes bewirken:
- Angst, Panik, Orientierungslosigkeit,
- Anstieg des Blutdrucks und Senkung des Augen-Innendrucks,
- Anstieg der Herz- bzw. Pulsfrequenz (Herzpochen),
- verminderte Reaktionsfähigkeit (insbesondere beim Autofahren), der Gedächtnisleistung (Merkfähigkeit), der Aufmerksamkeit bzw. Psychomotorik.
Der Konsum von Cannabis kann aber nicht nur berauschen. Zudem ist Cannabis nach Alkohol und Nikotin das weltweit am weitesten verbreitete Suchtmittel.15 Ein langanhaltender bzw. starker Konsum erhöht das Risiko für verschiedene psychische Störungen und kann eine Suchtmittelabhängigkeit16 auslösen.
4. Cannabis und Arbeitsrecht
Ein Verbot des Konsums von Cannabis kann sich bei normativer Wirkung gem. § 4 Abs. 1 TVG bzw. § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG auch aus geltenden Tarifverträgen bzw. Betriebsvereinbarungen ergeben. Derartige Regelungen sind grundsätzlich von der Regelungsbefugnis der Tarifvertrags- bzw. Betriebsparteien umfasst.
Allerdings darf auch durch Kollektivvertrag nicht unverhältnismäßig in Grundrechte der betroffenen Arbeitnehmer eingegriffen werden. Das spielt insbesondere bei der Normierung eines absoluten Cannabisverbots eine Rolle.
Ein Verbot des Cannabiskonsums hat auch das Ziel, Arbeit im berauschten Zustand zu vermeiden. Es greift aber auch in die Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers ein.
Wo wäre ein derartiges Verbot angemessen?
Die Rechtfertigung eines derart weitgehenden Eingriffs liegt jedenfalls dann nahe, wenn sich das Verbot (auch) auf eine Tätigkeit in einem sicherheitsrelevanten Bereich erstreckt und damit (auch) dem Schutz von Leib, Leben bzw. Gesundheit der dort tätigen Personen und damit dem Schutz überragender Grundrechtspositionen dient. Soweit das Verbot Bereiche bzw. Tätigkeiten außerhalb des sicherheitsrelevanten Bereichs erfasst, kann ein absolutes Cannabisverbot als unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 2 Abs.1 GG eingestuft werden.
Der Cannabiskonsum stellt keinen Bestandteil der Arbeitsleistung dar. ES wird also keine Arbeit geleistet, solange der Arbeitnehmer seine Arbeit unterbricht und Cannabis konsumiert.
Eine damit verbundene Verletzung der Arbeitspflicht muss der Arbeitgeber nicht hinnehmen. Die Anordnung eines Cannabisverbots muss billigem Ermessen entsprechen. Daher sind Verbote, mit denen Arbeitnehmern der Cannabiskonsum während der Freizeit generell untersagt werden soll, nicht vom Weisungsrecht gedeckt. Dagegen ist das Verbot eines Cannabiskonsums während der Arbeitszeit regelmäßig nach § 106 GewO zulässig.
Für die Regelung von Cannabisverboten im Betrieb ist daher eine Betriebsvereinbarung denkbar.
5. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Besitz- bzw. Konsumverbote (Überblick)
Die erste Rechtsfolge ist das sog. Beschäftigungsverbot, d.h. der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer, der erkennbar nicht in der Lage ist, seine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, nicht beschäftigen.
- 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 statuiert ein entsprechendes, absolutes Beschäftigungsverbot.
Im Einzelfall können der Besitz bzw. der Konsum von Cannabis zu einer verhaltens- bzw. personenbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung bedarf es einer schuldhaften Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten.
Eine Pflichtverletzung kommt dann in Betracht, wenn sich der Cannabiskonsum nachteilig auf die Arbeitsleistung auswirkt.
Eine außerordentliche Kündigung kann im Einzelfall gerechtfertigt sein. Dann benötigt man allerdings eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung. Eine solche liegt u.a. dann vor, wenn wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeit unter dem berauschenden Einfluss von Cannabis erbringt und dadurch Leib, Leben bzw. Gesundheit von sich bzw. Dritten gefährdet.
Derartige Selbst- bzw. Fremdgefährdungen können nicht nur bei Fahrtätigkeiten, sondern bei vielen anderen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten vorkommen.
6. Fazit
Es ist und bleibt ein heikles Thema. Kein Arbeitnehmer hat durch die Teillegalisierung von Cannabis ein Recht auf Rausch während der Erbringung der Arbeitsleistung. Im Gegenteil haben Arbeitnehmer nach wie vor die geltenden arbeitsrechtlichen Regelungen und Grundsätze zu beachten. Unfallverhütungsvorschriften, arbeitgeberseitige Weisungen oder auch arbeitsvertragliche Nebenleistungspflichten können den Cannabiskonsum einschränken.
Rechtsgebiete: Arbeits- und Sozialversicherungsrecht