Corona Abstandsmessung

Corona Abstandsmessung

 

Corona-Abstandsmessung (ArbG Wesel, Beschl. vom 24.04.2020 – 2 BVGa 4/20)

1. Leitsatz

Die Corona Pandemie rechtfertigt es nicht, dass ein Arbeitgeber die bei ihm durch Betriebsvereinbarung installierten Überwachungskameras auch dazu nutzt, die Corona-Abstandsregelungen durch die Arbeitnehmer zu überwachen.

2. Sachverhalt (Kurzzusammenfassung)

Die Parteien stritten über Unterlassungsansprüche wegen der Verletzung von Mitbestimmungsrechten im Zusammenhang mit Corona Schutzmaßnahmen. Im Betrieb galt eine Betriebsvereinbarung zur Installation und Nutzung von Überwachungskameras. Die Beteiligte zu 2, ein Logistikunternehmen, ermittelte mit Hilfe der Kameras solche Bereiche, in denen die im Betrieb anwesenden Personen die i.R.d. Corona Pandemie empfohlenen Sicherheitsabstände nicht einhalten können. Dies erfolgte mittels eine Anonymisierungssoftware in einem Intervall von 5 Minuten über automatisch generierte Standbilder. Sodann wurden diese Bilder in verschiedene Kategorien (1., 2. &3.) eingeteilt. Die weiteren Maßnahmen erfolgten ausschließlich auf Basis der Kategorie 3. Diese Bilder wurden von der Software verpixelt, weiter anonymisiert und an Dritte zur Abstandsmessung weitergeleitet. (Anm. des Verfassers: Sachverhalt ist deutlich verkürzt worden.)

3. Entscheidung (Kurzzusammenfassung)

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dabei ist von einer Bestimmung zur Überwachung auszugehen, wenn die technische Einrichtung zur Überwachung objektiv geeignet ist. Im konkreten Fall handelte es sich um technische Einrichtungen, deren Aufnahme und Speicherung allerdings von der Betriebsvereinbarung gedeckt waren.

Anders stellte es sich jedoch im Hinblick auf die Verarbeitung von Kameraaufnahmen und deren Übermittlung an Dritte zum Zweck der Vornahme von Abstandsmessungen und deren Übermittlung an Dritte dar. Diese Maßnahmen waren von der Betriebsvereinbarung nicht gedeckt. Es handelte sich eben nicht um eine mitbestimmungsfreie Maßnahme.

Im Ergebnis wurden also nicht-anonymisierte Aufnahmen der Arbeitnehmer an Dritte weitergeleitet. Eine Zuordnung der übermittelten Verhaltens- oder Leistungsdaten einzelner Arbeitnehmer ist damit gerade nicht ausgeschlossen gewesen. Die Berücksichtigung der gegenwärtigen Pandemielage führt zu keinem anderen Ergebnis. Lediglich in Notfällen wird ein des Arbeitgebers für einseitige Anordnungen diskutiert.

4. Fazit

Der Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Sie ist datenschutzrechtlich besonders interessant, da es sich bei den aufgenommenen Daten um personenbezogene Daten von Arbeitnehmern handelt. Die DS-GVO regelt aber nicht die Verarbeitung von anonymisierten Daten. Vorliegend war es also entscheidend, dass die Anonymisierung erst in einem letzten Schritt nach der Verpixelung erfolgte. Zudem entsprach das Vorgehen nicht dem Grundsatz der sog. Datenminimierung. Letztlich wäre es erfolgversprechender gewesen, eine Ergänzung der bestehenden Betriebsvereinbarung zu verhandeln.

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