Haftungsklauseln in Verträgen – wann und in welchem Umfang kann die Haftung ausgeschlossen werden?
Viele Unternehmen sind der Meinung, die Haftung durch eine entsprechende Passage in ihren Verträgen oder AGB ausschliessen zu können. Dem ist jedoch nicht so. Mit vorliegendem Kurzartikel soll aufgezeigt werden, wann und wie weit ein Haftungsausschluss in Verträgen zulässig ist.
I. Unzulässiger Haftungsausschluss
In jedem Fall ist der Haftungsausschluss für vorsätzlich und grob fahrlässig begangene Handlungen ausgeschlossen (Art. 100 OR). Dazu gehören schädigende Handlungen, die mit Wissen und Willen vorgenommen oder bewusst in Kauf genommen wurden sowie wenn dem Schädiger das Risiko bewusst war, er aber auf das Ausbleiben des Schadens vertraute bzw. die elementarsten Vorsichtsgebote ausser Acht liess (fehlende Sorgfalt). Über die effektive Grenze entscheidet jeweils das Gericht; es gibt keine fixen Regeln dazu.
Ebenfalls unzulässig ist gemäss Lehre die Freizeichnung von der Haftung für Körperschäden, was sowohl für die vertragliche als auch für die ausservertragliche Haftung gilt. Das Gesetz hält dies zwar nirgends fest, doch kann die Nichtigkeit eines Haftungsausschlusses für Körperschäden von Art. 19 und 20 OR sowie Art. 27 ZGB abgeleitet werden. Da die körperliche Integrität ein extrem hohes Rechtsgut ist, wäre die Freizeichnung demnach für Körperschäden sittenwidrig und persönlichkeitsverletzend (vgl. ANDREAS FURRER, RAINER WEY, CHK – Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Obligationenrecht, Allgemeine Bestimmungen, 2. Aufl., 2002, N 19 zu Art. 100 OR).
Zu beachten ist ausserdem das Gewährleistungsrecht im Kaufvertragsrecht, welches gegebenenfalls Art. 100 OR vorgeht.
II. Zulässiger Haftungsausschluss
In einem Vertrag oder in den AGB kann folglich die Haftung für leichte Fahrlässigkeit (völlige Schuldlosigkeit erübrigt sich ohnehin bei Ansprüchen aus Vertrag) wegbedungen werden. Empfehlenswert ist allerdings nicht der vollständige Ausschluss der Haftung, sondern eine Beschränkung auf einen bestimmten Betrag, wie z.B. auf das Gesamttotal der vereinbarten Kosten oder die Versicherungssumme des Leistungserbringers. So wird der Vertrag attraktiver gestaltet und bei VersicherungsDeckung wird trotzdem kein Risiko eingegangen.
Es gibt allerdings auch Ausnahmen, wonach die Freizeichnung auch bei leichter Fahrlässigkeit nicht möglich ist:
– Ist das sorgfältige Tätigwerden für einen Vertragspartner berufstypisch, besteht ein Risiko, dass die Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit nicht möglich ist. Das Bundesgericht ist sich aber selbst nicht ganz sicher, wann die Natur eines Geschäfts die Freizeichnung nicht zulässt.
– Gemäss Art. 100 Abs. 2 OR könnte der Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit dann nicht zulässig sein, wenn der Verzichtende zur Zeit seiner Erklärung im Dienst des anderen Vertragspartners stand (v.a. Arbeitsvertrag) oder wenn die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes (z.B. Eisenbahngewerbe) folgt.
– In der Spezialgesetzgebung und internationalen Verträgen gibt es weitere Ausnahmen, auf welche hier nicht eingegangen wird.
Ebenfalls zulässig ist die Beschränkung oder Aufhebung der Haftung (auch Vorsatz und Grobfahrlässigkeit) für Hilfspersonen gemäss Art. 101 Abs. 2 OR, sofern diese nicht unter Art. 100 Abs. 2 OR fallen (z.B. Arbeitnehmer).
Die Haftung für mittelbare Schäden, die nicht direkt aus dem Schadensereignis entstanden sind, kann vertraglich ausgeschlossen werden. Für den entgangenen Gewinn gilt allerdings wieder die Schranke des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit; in diesen Fällen ist eine Freizeichnung ungültig.
Was natürlich immer möglich ist, ist eine Haftungsfreizeichnung im Nachhinein, also nach Schadenseintritt. Die Begrenzung des Haftungsausschlusses nach Art. 100 OR betrifft nämlich nur Abreden im Voraus. Das Problem besteht hier allerdings bei der Zustimmung des geschädigten Vertragspartners, welcher nur in den seltensten Fällen dazu bereit sein wird.
III. Rechtsfolgen
Umstritten sind die Rechtsfolgen bei zu weit gefassten Freizeichnungsklauseln. Mehrheitlich wird davon ausgegangen, dass der Haftungsausschluss nur soweit ungültig ist, als sie das gesetzlich erlaubte Mass übersteigt. Bei einer unzulässigen vollständigen Freizeichnung für jegliches Handeln würde demgemäss die Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit trotzdem noch bestehen bleiben. Vorsicht ist aber bei Verträgen geboten, auf welche ausländisches Recht Anwendung findet. In gewissen Ländern ist eine Klausel mit einer zu weit gehenden Freizeichnung ungültig und es tritt die volle Haftung ein. Ausserdem sei auf das Risiko hingewiesen, dass bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch Klauseln aufgrund der Ungewöhnlichkeitsregel, Unklarheitenregel sowie die Regel der restriktiven Auslegung von vom dispositiven Recht abweichenden Abreden ungültig sein können, denn dort muss der Geschäftspartner auf die Haftungsklausel bei gebotener Sorgfalt aufmerksam werden können, sonst gilt diese nicht (ANDREAS FURRER, RAINER WEY, a.a.O., N 16 zu Art. 100 OR).
IV. Schlusswort
Folglich ist es sehr zu empfehlen, die Haftungsklauseln in Verträgen und AGB genauestens zu prüfen, um nicht plötzlich doch noch für einen ungewollten Schaden haftbar zu sein. Bei Unsicherheiten wird es ratsam sein, bereits bei der Vertragsgestaltung einen Spezialisten beizuziehen.
Rechtsgebiete: Allgemeines Vertragsrecht