Mobiles Arbeiten
Mobiles Arbeiten
1. Einführung
Mobile Arbeit oder „Homeoffice“ wie es in vielen Unternehmen heißt hat sich nach der Corona Pandemie, in der es u.a. als Schutzmechanismus vor Infektionen in vielen Bereichen eingeführt wurde, etabliert. Aktuell dürften ca. 20-25 % alle Beschäftigten zumindest teilweise mobil arbeiten. Die Mobile Arbeit hat die Arbeitswelt damit nachhaltig verändert. Nicht selten lernen neu eingestellte Mitarbeitende ihre Kolleginnen und Kollegen erst nach Wochen kennen, da sie vorher keine Präsenztermine haben. Welche rechtlichen Grundlagen bestehen? Welche besonderen Herausforderungen entstehen, wenn hybrid gearbeitet wird? Worauf müssen Arbeitgeber besonderes Augenmerk werfen? Worauf Personaler? Wie könnte die Zukunft der Mobilen Arbeit aussehen?
2. Rechtliche Grundlagen im Überblick
Einen allgemein begründeten Anspruch auf mobiles Arbeiten gibt es in Deutschland nicht. Die vereinzelten Versuche einer gesetzlichen Regelung sind bislang immer gescheitert. Momentan ist nicht damit zu rechnen, dass es in naher Zukunft eine entsprechende gesetzliche Regelung geben wird. Damit Arbeitnehmer mobil arbeiten dürfen bedarf es einer entsprechenden Vereinbarung. Sie kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Eine einseitige Anordnung von Mobiler Arbeit ist unzulässig. Letzteres war während der Corona Pandemie aus Gründen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zulässig.
3. Herausforderungen
Mobile Arbeit setzt zunächst einmal eines voraus: Vertrauen zwischen Mitarbeitenden und ihrer Führungskraft. Mobile Arbeit führt generell dazu, dass sich der Einzelne dem direkten Einwirkungsbereich seiner Führungskraft entziehen und praktisch arbeiten darf, wo er will. Das kann gut gehen und die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass das nicht zwangsläufig überwiegend schief gehen muss. Es braucht eben Vertrauen und verlässliche Mitarbeitende, die ihren Job genauso von zu Hause oder von woanders ausführen als wären sie im Betrieb.
Was passiert aber, wenn es Probleme gibt. Wenn Mitarbeitende die Leistung nicht mehr erbringen, nicht erreichbar sind oder – auch das gibt es – gar nicht mehr arbeiten.
In allen diesen Fällen greifen arbeitsrechtliche Regelungen und Sanktionen wie z.B. die Abmahnung. Ob eine Abmahnung allerdings motivierend wirkt, wenn ein Mitarbeitender vielleicht ohnehin schon unter Motivationsproblemen leidet und deshalb nicht arbeiten, darf bezweifelt werden.
Es kommt also darauf an, dass eine gewissen Anbindung des Einzelnen an die Kolleginnen und Kollegen, an die Führungskraft und an den Betrieb konstant sichergestellt ist. Wenn jeder Einzelne die Mobile Arbeit als Chance versteht, die seriös wahrgenommen, eine Erfolgsstory werden kann, ist schon viel gewonnen. Es gilt also die neu gewonnene Freiheit nicht auszunutzen, sondern zu benutzen, um die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung konstant und ohne Defizite auch im Mobilen Arbeiten erbringen zu können. Das schafft Vertrauen bei der Führungskraft und führt langfristig zu einem ausgewogenem Verhältnis von Arbeit und Freizeit, der sog. Work-Life-Balance.
Mobile Arbeit und damit hybrides Arbeiten erfordert neben Vertrauen zusätzlich ein hohes Maß an Disziplin auf allen Seiten. Leistungsmängel (sog. low performance) können nie ganz ausgeschlossen werden. Sie kommen aber auch im Rahmen reiner Präsenzarbeit vor und sind leider keine Seltenheit. Sollte die Leistung dauerhaft hinter den Erwartungen zurückbleiben, kann das zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie einer Abmahnung oder ggf. einer Kündigung führen.
Unternehmen, die heutzutage gar keine Mobile Arbeit anbieten, dürften einen Wettbewerbsnachteil gegenüber denjenigen Unternehmen haben, die das – wenn auch eingeschränkt – anbieten.
4. Worauf sollten Arbeitgeber achten?
Mobile Arbeit ist ein Instrument zur Flexibilisierung von Arbeitsorten. Es ermöglicht dem Einzelnen, seine Arbeit und ganz häufig auch seine privaten Lebensumstände besser miteinander zu vereinbaren. Arbeitgeber sollten daher mit klaren und eindeutigen Regeln agieren. In mitbestimmten Unternehmen bieten sich daher Betriebsvereinbarungen zur Regelung des mobilen Arbeitens an. Hierin können zahlreiche Einzelheiten gut geregelt werden. Dazu können z.B. Erreichbarkeitszeiten, Verpflichtung zur Zeiterfassung uvm. gehören. Zusätzlich zu kollektiv-rechtlichen Vereinbarungen sind individualrechtliche Vereinbarungen empfehlenswert. Gibt es keine vertragliche Regelung, kann der Arbeitgeber nach § 106 GewO das Mobile Arbeiten einseitig durch Weisung beenden. Mit vertraglicher Vereinbarung ist ein Widerruf nur möglich, wenn ein Widerrufsvorbehalt vereinbart wurde. Gibt es diesen nicht, bleibt Arbeitgebern häufig nur noch die Änderungskündigung mit ihren bekannten Risiken.
5. Was ist aus der Sicht von HR zu beachten?
Aus Personalsicht sollte darauf geachtet werden, dass es klare und eindeutige Regeln für Mobile Arbeit gibt. Hierbei spielt das Thema „Vorausschau“ eine ganz besondere Rolle. Zudem sollten vertragliche Grundlagen geschaffen werden, die das Thema nachvollziehbar und eindeutig regeln. Im Falle von Leistungsdefiziten sollten diese unmittelbar und ausführlich dokumentiert werden, um bei Rechtsstreitigkeiten handlungsfähig zu sein.
Bei Verdachtsfällen sollte möglichst frühzeitig eine Verdachtsanhörung durchgeführt werden. Empfehlenswert dürfte es darüber hinaus sein, Leistungen durch Entwicklungspläne zu dokumentieren. Minderleistungen sind häufig und in vielen Berufen kaum bis gar nicht messbar. Hierauf sollte also ein besonderes Augenmerk gelegt werden.
Wird z.B. mobil im Ausland gearbeitet, sollte zudem geklärt werden, ob dadurch eine weitere Betriebsstätte begründet wird. Das kann mitunter ungewollte steuerliche Konsequenzen haben. Nicht zuletzt sollte klar geregelt sein, wer welche Kosten der Mobilen Arbeit trägt.
6. Fazit
Ohne Mobile Arbeit dürfte es in Zukunft nur schwer möglich sein, Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Allerdings gilt es, klare und eindeutige Rahmenbedingungen zu schaffen. Zudem ist es nachvollziehbar, wenn Unternehmen sich dazu entscheiden, Mobile Arbeit dort wo es sinnvoll und zielführend ist, zu begrenzen. Mobile Arbeit wird den persönlichen Kontakt unter Kollegen wahrscheinlich nie ersetzen können.
Hybrides Arbeiten in Verbindung mit einer guten Work-Life-Balance, Führungskräfte mit Vertrauen und Führungsqualitäten, eine moderne Mitbestimmung sowie ein modern denkender Betriebsrat sind einige der zentralen Voraussetzungen, damit Mobile Arbeit im Unternehmen dauerhaft etabliert werden kann. Die Zukunft der Arbeit wird sich dort abspielen, wo all das und noch mehr zusammenkommt.
Es ist die technische Entwicklung, die es möglich macht, von nahezu jedem Ort der Welt aus zu arbeiten. Darin stecken Chancen und Risiken gleichermaßen.
Rechtsgebiete: Arbeits- und Sozialversicherungsrecht