Neues Präjudiz zur Abtretung von Nachlassaktiven gemäss Art. 230a SchKG

Neues Präjudiz zur Abtretung von Nachlassaktiven gemäss Art. 230a SchKG

Gestern hat das Bundesgericht ein neues Präjudiz betreffend Art. 230a SchKG veröffentlicht, der die Abtretung von Nachlassaktiven bei Einstellung eines Erbschaftskonkurses mangels Aktiven regelt. Das einschlägige, zur amtlichen BGE-Publikation vorgesehene Urteil vom 1. Oktober 2019, das nachfolgend kurz besprochen wird, trägt die Geschäftsnummer 5A_689/2018.

Gemäss Art. 230a Abs. 1 SchKG kann unter gewissen Voraussetzungen die Abtretung von Nachlassaktiven verlangt werden, wenn die konkursamtliche Liquidation einer ausgeschlagenen Erbschaft mangels Aktiven eingestellt wird. Diese Bestimmung wurde im hier besprochenen Fall von der Steuerverwaltung mit Blick auf gewisse zur Erbschaftskonkursmasse gehörende Forderungen angerufen. Dieses Begehren wies das zuständige Konkursamt mit der Begründung ab, „zum Nachlass gehörende Aktiven” gemäss Art. 230a Abs. 1 SchKG seien ausschliesslich physische Gegenstände, nicht jedoch Forderungen. Die Vorinstanz des Bundesgerichts, das Obergericht des Kantons Bern, schützte die erwähnte Rechtsauffassung des Konkursamts.

Das Bundesgericht legt in seinem neuen Präjudiz Art. 230a Abs. 1 SchKG aus, u.a. historisch, und beantwortet die auch in der Lehre umstrittene Rechtsfrage dahin, dass nicht nur physische Gegenstände, sondern ebenfalls gewöhnliche Forderungen als Nachlassaktiven im Sinne der erwähnten Bestimmung zu qualifizieren sind (siehe 5A_689/2018, insbesondere E. 3.4). Insbesondere aufgrund der klaren Stellungnahmen in der Botschaft zur einschlägigen SchKG-Revision von 1994/1997, mit der Art. 230a SchKG eingeführt wurde (a.a.O., E. 3.3.2), scheint das bundesgerichtliche Auslegungsergebnis nachvollziehbar und überzeugend.

Hervorzuheben ist im vorliegenden Zusammenhang, dass Art. 230a Abs. 1 SchKG verschiedene Voraussetzungen an eine Abtretung von Nachlassaktiven knüpft, u.a. den zwingenden Vorrang der Erben, was vom Bundesgericht explizit bestätigt wird (a.a.O., E. 3.3.4). Ob die einschlägige Steuerverwaltung vor diesem Hintergrund im Ergebnis das von ihr verfolgte Ziel erreichen wird, scheint unklar. Auch aufgrund des Hinweises des Bundesgerichts, dass paulianische Anfechtungsansprüche nach Art. 285 ff. SchKG originär der Konkursmasse zustehen und deshalb nach dem hier diskutierten Art. 230a Abs. 1 SchKG nicht abgetreten werden können (a.a.O.). Die Stossrichtung der fraglichen Steuerverwaltung scheinen Nachlassansprüche gegen die Witwe des Erblassers zu sein (a.a.O., E. 1.4: „Verkauf der Zahnarztpraxis des Verstorbenen […] Überweisungen des Verkaufserlöses […] rechtliche Begründetheit einer Forderung des Nachlasses gegenüber der Witwe“), und falls sich entsprechende Ansprüche auf Art. 285 ff. SchKG stützten, stünde der Steuerverwaltung zwar nicht mehr die vom Bundesgericht kassierte vorinstanzliche Qualifikation der Nachlassaktiven nach Art. 230a Abs. 1 SchKG entgegen, aber die vom Bundesgericht erwähnte Nichtabtretbarkeit von paulianischen Ansprüchen im Rahmen der Abtretung von Nachlassaktiven im Rahmen einer Einstellung des Erbschaftskonkurses mangels Aktiven.

PHH, Zürich, den 14. November 2019 (www.haberbeck.ch)

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