Obergericht Zürich als juge d’appui: Beschluss betreffend die Ernennung eines Schiedsrichters

Obergericht Zürich als juge d’appui: Beschluss betreffend die Ernennung eines Schiedsrichters

Am 22. August 2018 hat das Obergericht des Kantons Zürich (Obergericht Zürich) einen interessanten Beschluss seiner Verwaltungskommission aufgeschaltet, der die gerichtliche Bestellung eines Schiedsrichters in einer Binnenschiedssache betrifft (Beschluss der Verwaltungskommission des Obergerichts Zürich vom 7. März 2018; Geschäfts-Nr.: PG160004-O/U).

Stark komprimiert liegt diesem Beschluss ein Rechtsstreit zwischen drei an einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) beteiligten Aktiengesellschaften hinsichtlich der Schlussabrechnung der ARGE zugrunde. In diesem Rechtsstreit hat die Gesuchsstellerin gegen die anderen beiden Aktiengesellschaften (Gesuchsgegnerinnen 1 und 2) ein Schiedsverfahren eingeleitet. Mit Bezug auf dieses Schiedsverfahren hat die Gesuchsstellerin beim Obergericht Zürich u.a. beantragt, es sei gerichtlich für beide Beklagten gemeinsam ein Schiedsrichter einzusetzen.

Der einschlägige Beschluss enthält einige interessante Erwägungen des Obergerichts Zürich, von denen nachfolgend einige in komprimierter Form aufgeführt werden.

Einig waren sich die Parteien im einschlägigen summarischen Verfahren vor dem Obergericht Zürich, dass zwischen ihnen eine gültige Schiedsvereinbarung besteht. Uneinig waren sie sich jedoch darüber, inwieweit dem Schiedsverfahren eine Einigungsverhandlung voranzugehen habe und inwiefern deren Durchführung durch das Obergericht Zürich zu prüfen sei (Beschluss vom 7.3.2018, E. III. 4.1).

Mit Verweis auf einen früheren Entscheid, der vor Inkrafttreten der ZPO ergangen war, hielt das Obergericht Zürich im Ergebnis fest, dass im einschlägigen Bestellungsverfahren der Streitpunkt der Durchführung einer Einigungsverhandlung nicht zu beachten sei (Beschluss vom 7.3.2018, E. III. 4.2):

Die Ernennungsbehörde prüfe somit nur, ob die Voraussetzungen zur Ernennung eines Schiedsrichters vorhanden seien. Ob in einem allfällig daran anschliessenden Schiedsgerichtsverfahren die Voraussetzungen effektiv vorhanden seien, sei für das vorliegende (Ernennungs-)Verfahren irrelevant bzw. nicht Prüfungsgegenstand. […] Diese Erwägungen [im früheren Entscheid] gelten in Bezug auf die Frage der Prüfung der Prozessvoraussetzungen auch heute noch […]. Dieselbe Ansicht wird denn auch in der Lehre vertreten. Sie hält fest, die summarische Prüfung des staatlichen Richters beschränke sich auf den Bestand der Schiedsvereinbarung, nicht aber auf ihre Gültigkeit bzw. deren genaue Tragweite […]. Die Frage der Durchführung eines vorangehenden Schlichtungsverfahrens bzw. eines Versuchs zur vorgängigen gütlichen Einigung ist daher vorliegend nicht zu prüfen.”

Uneinig waren sich die Parteien auch über die Zahl der zu bestellenden Schiedsrichter sowie über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts.

Zur Streitfrage der Anzahl der Schiedsrichter entschied das Obergericht Zürich folgendes (Beschluss vom 7.3.2018, E. III. 5.2):

In der in Art. 10 ARGE-Vertrag enthaltenen Schiedsvereinbarung wird festgehalten, dass eine allfällige Streitigkeit im Falle des Scheiterns einer gültigen Einigung von drei Schiedsrichtern gemäss Schweizerischem Recht endgültig zu entscheiden sei. Die Mitglieder des ARGE-Vertrages, welche im Zeitpunkt von dessen Unterzeichnung aus vier Parteien bestanden […], vereinbarten damit ausdrücklich ein aus drei Mitgliedern bestehendes Schiedsgericht. An diese im Rahmen ihrer Parteiautonomie erfolgte Vereinbarung, welche im Übrigen der subsidiären Regelung in Art.360 Abs. 1 Satz 2 ZPO entspricht, sind die Parteien gebunden (Art. 360 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für die Bestellung eines aus vier Mitgliedern bestehenden Schiedsgerichts bleibt damit grundsätzlich kein Raum.

Ein weiterer Streitpunkt betraf die Frage, ob mit Blick auf ein Schiedsverfahren zwischen einer Klägerin und zwei Beklagten für die beiden Beklagten vom juge d’appui ein gemeinsamer Schiedsrichter zu bestellen ist, selbst bei divergierenden Interessen der beiden Beklagten. Dies hat das Obergericht Zürich im Ergebnis bejaht, u.a. mit Verweis auf den bundesgerichtlichen Westlandentscheid vom 16. Mai 1983 (Beschluss vom 7.3.2018, E. III. 6.5):

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist damit die Pflicht zur gemeinsamen Ernennung zumindest bei internationalen Sachverhalten selbst bei divergierenden Interessen zulässig bzw. verstösst eine solche nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung […]. Diese Ausführungen müssen grundsätzlich auch für die Binnenschiedsgerichtsbarkeit, wie sie vorliegend gegeben ist, gelten.”

Der letzte Streitpunkt hinsichtlich der Schiedsrichterbestellung betraf die Frage, ob das Obergericht Zürich nur den gemeinsamen Schiedsrichter für die beiden Beklagten oder die Schiedsrichter sowohl für die Klägerin als auch für die beiden beklagten Parteien zu bestellen hat. Unter Verweis auf Art. 362 Abs. 2 ZPO, der es dem juge d’appui erlaubt, diesbezüglich eine fallspezifische Lösung zu treffen, hat das Obergericht Zürich im einschlägigen Fall davon abgesehen, auch für die Gesuchsstellerin / Klägerin einen Schiedsrichter zu bestellen (Beschluss vom 7.3.2018, E. III. 8.4):

Vorliegend bestehen keine Gründe, die es rechtfertigen würden, alle Schiedsrichter durch das staatliche Gericht zu ernennen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es mehreren Parteien nicht ermöglicht werden soll, durch fehlende Einigung automatisch die Absetzung des von der Gegenpartei ernannten Schiedsrichters bewirken zu können. Die Gesuchsgegnerin 1 hat denn auch nichts vorgebracht, was gegen die Bestellung des durch die Gesuchstellerin bezeichneten Schiedsrichters sprechen würde […]. Lediglich die Gesuchsgegnerin 2 führte aus, zwischen dem Rechtsvertreter der Gesuchstellerin und dem von ihr ernannten Schiedsrichter Prof. RA Dr. iur. E._____ bestehe angesichts der einschlägig geläufigen, aussergerichtlichen Bekanntschaft und der gemeinsamen Publi- kationen sowie gemeinsamen Projekte eine unerwünschte Vertrautheit […]. Hierzu ist festzuhalten, dass die berufliche Zusammenarbeit in Projekten bzw. Publikationen für sich alleine nicht ausreicht, um einen Ablehnungsgrund zu begründen. Auch ein allfällig ‘einschlägig geläufiger Kontakt’ zwischen dem ernannten Schiedsrichter und dem Rechtsvertreter der Klägerin gibt keinen Anlass zu Zweifeln an dessen Unbefangenheit, zumal selbst die Gesuchsgegnerin 2 nicht von einem engen freundschaftlichen Verhältnis ausgeht […]. Die Einwendungen der Gesuchsgegnerin 2 sind daher nicht zu hören.”

PHH, Zürich, den 27. August 2018 (www.haberbeck.ch)

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