Unentgeltliche Rechtspflege und die Untersuchungsmaxime

Unentgeltliche Rechtspflege und die Untersuchungsmaxime

Ein Kommentar zum Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 19. März 2015

Das Institut der unentgeltlichen Rechtspflege verleiht mittellosen Personen einen Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zur Bezahlung der Gerichtskosten und zur Leistung von Kautionen und Barvorschüssen.
Mittels Gesuch kann jeder unter bestimmten Voraussetzungen die unentgeltliche Rechtspflege verlangen, damit er sich einen Prozess leisten kann. Vorausgesetzt wird Folgendes:
– Der Gesuchsteller muss bedürftig sein, d.h. ihm müssen die finanziellen Mittel fehlen, um neben dem    Lebensunterhalt für sich und seine Familie für die Prozesskosten aufzukommen.
– Der Prozess darf nicht aussichtslos sein.

Ausserdem kann unter denselben Voraussetzungen dem Gesuchsteller ein unentgeltlicher Rechtsbeistand in der Person eines in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Rechtsanwaltes zur Seite
gestellt werden, sofern er wegen der Komplexität der sich stellenden Fragen oder aus Gründen der Waffengleichheit im Prozess eines solchen bedarf.

Oft wird ein Gesuch um unentgeltliche Rechtsvertretung mit der Begründung abgewiesen, dass die Untersuchungsmaxime herrsche und die Behörde den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären hätte. Folglich sei ein Anwalt nicht notwendig. Diese Argumentation der öffentlichen Verwaltung führt zum Ergebnis, dass eine bedürftige Person im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren und insbesondere in
sozialversicherungsrechtlichen Fällen keinen Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand hat – ausser die Rechtsfrage ist extrem komplex.

Wir haben diese stossende Argumentation in einem Verfahren bezüglich Rückforderungen von Arbeitslosengeldern erfolgreich angefochten. Im nachfolgend angehängten Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 19.03.2015 hat das Gericht nun entschieden, „dass die Untersuchungsmaxime im
Sozialversicherungsrecht der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren in keiner Weise entgegensteht“ (S. 10, Ziff. 3.1.).

Im Übrigen wurde im Urteil auch festgehalten, dass „keine Schadenminderungspflicht besteht, die es jeder gesuchstellenden Person aufträgt, vor Inanspruchnahme der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zunächst sämtliche möglichen unentgeltlichen Rechtsberatungen auszuschöpfen, zumal fraglich ist, ob entsprechende rechtskundige Beratungen, geschweige denn rechtskundige Vertretungen, die den Beizug einer anwaltlichen Vertretung entbehrlich machen würden, überhaupt voraussetzungslos und
jeder Person kostenlos zur Verfügung stehen. Schon gar nicht geht es an, der gesuchstellenden Person bezüglich einer hypothetischen Beratungsmöglichkeit die Beweislast aufzuerlegen.“ Folglich muss ein Gesuchsteller nicht alle in Frage kommenden Vereine und andere Institutionen angehen, in der Hoffnung, von diesen Unterstützung für den Prozess zu erhalten. Er kann sich direkt an einen Anwalt wenden.

Für weitere Ausführungen sei auf das nachfolgende Urteil verwiesen. In unserem Fall haben wir bezüglich Notwendigkeit eines Anwaltes obsiegt. Die Vorinstanz hat zudem nach der Rückweisung anerkannt, dass auch Bedürftigkeit des Gesuchstellers vorliegt, womit das gesamte UP-Gesuch gutgeheissen wurde.

 

Untersuchungsmaxime und UP – mit Urteil 14-04-2015 komprimiert

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