Unklarheiten bei Kündigungsfristen – insbesondere im Arbeits- und Mietrecht
Wann muss ich eine Kündigung abschicken? Wann gilt eine Kündigung als zugestellt?
Grundregeln
Der Grundsatz besagt, dass ein Schreiben rechtzeitig eingegangen ist, wenn es mit dem Poststempel-Datum des letzten Tages der entsprechenden Frist versehen ist. Dies genügt aber nur in dem Falle, wenn das Schreiben bzw. die Kündigung bei einer Behörde oder einem Gericht eingereicht werden muss. Dann reicht es, am letzten Tag der Frist auf die Post zu gehen, um das Einschreiben abzugeben.
Richtet sich die Kündigung allerdings an eine Privatperson, z.B. den Arbeitgeber, so muss das Einschreiben innerhalb der Kündigungsfrist bei dieser Person eingetroffen sein; es gilt das Zugangsprinzip. Gemäss Bundesgericht gilt ein Einschreiben auch bei Abwesenheit des geplanten Empfängers als zugestellt, wenn es theoretisch von ihm hätte entgegengenommen werden können. Legt der Postbote also eine Abholungseinladung in den Briefkasten, erfolgt die Zustellung des Einschreibens spätestens am darauffolgenden Tag. Dabei ist es egal, wann das Einschreiben effektiv bei der Post abgeholt wurde. Folglich könnte z.B. der Arbeitnehmer also auch noch am 29. Januar eine Kündigung auf die Post bringen, denn nach dem Zustellungsversuch am 30. Januar gilt die Kündigung auch bei Abwesenheit des Arbeitgebers am 31. Januar als zugegangen.
Natürlich gibt es aber auch hier Ausnahmen, v.a. bei Sendungen von Gerichten und Behörden an Prozessbeteiligte sowie im Mietrecht (ausser Kündigungen). In diesen Fällen gilt eine Sendung erst bei Ablauf der siebentägigen Abholfrist bei der Post als zugestellt, sofern sie nicht früher abgeholt wurde. So sind also noch sieben Tage einzuberechnen für den Fall, dass der Empfänger nicht zu Hause ist und das Einschreiben nicht abholt sowie ein bis zwei Tage für den Zustellungsversuch durch die Post. Bringen Sie also in solchen Ausnahmefällen das Einschreiben sicher zehn Tage vor Fristablauf auf die Post.
Mietrecht im Besonderen
Umgekehrt kann eine Frist auch erst nach der Zustellung eines Schreibens zu laufen beginnen. So muss z.B. nach einer erhaltenen Mietzinserhöhung oder einer Abmahnung von offenen Mietzinsen die entsprechende Antwort oder Abmahnung innert 30 Tagen erfolgen. Die Frist beginnt in diesem Fall ab dem Tag der Zustellung des Einschreibens des Vermieters beim Mieter, dem Tag der Abholung des Schreibens bei der Post oder am 8. Tag (Ablauf der siebentägigen Frist), falls das Einschreiben nie vom Mieter abgeholt wurde, zu laufen. Dieser Ablauf richtet sich nach der relativen Empfangstheorie.
Neu gilt im Mietrecht allerdings bei Mieterstreckungsbegehren die absolute Empfangstheorie! Damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass die absolute Empfangstheorie im Mietrecht bei Kündigungen Anwendung findet. Die Frist für ein Erstreckungsbegehren beginnt demnach nicht nach der siebentägigen Abholfrist zu laufen, sondern beginnt bereits am Folgetag nach Einwurf der Abholungseinladung in den Briefkasten des Mieters. Sollten Sie also eine Kündigung durch Ihren Vermieter während Ihrer Abwesenheit erhalten haben und wollen Sie diese anfechten, müssen Sie bei der Berechnung der 30tägigen Frist für das entsprechende Gesuch auch die Tage Ihrer Abwesenheit seit dem Einwurf des Abholungszettels durch den Postboten berücksichtigen.
Ein Beispiel: Die Kündigung vom 1. September konnte am 2. September aufgrund Abwesenheit des Mieters durch den Postboten nicht zugestellt werden, weshalb der Postbote eine Abholungseinladung in den Briefkasten warf. Da der 3. September der erste Abholtag wäre, begann auch dann die 30tägige Frist zu laufen und endete am 3. Oktober. Ein Erstreckungsgesuch hätte also bis zum 3. Oktober bei der Schlichtungsbehörde eintreffen müssen (hier gilt wiederum der Poststempel).
Rechtsgebiete: Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Mietrecht, Verwaltungsrecht